Sunday, October 29, 2006


Additum XCIV
- Crimen Sollicitationis

29. Oktober anno domini MMVI, 17:26 Mez
Sancta Nongrata an Papst Benedikt XVI.
Cc: Prof. Dr. Theodor W. Hänsch - Physik-Nobelpreisträger, Papstberater; Prof. Dr. August Heuser - Theologe; Prof. Dr. Fotis Kafatos - Molekularbiologe u. Biotechnologe, Papstberater; Prof. Dr. Wolf Singer - Hirnforscher, Papstberater; Kontemplative Schwestern vom Guten Hirten; Apostolische Nuntiatur in Berlin; Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz; Radio Vatikan


Grüß' Gott Eure Heiligkeit,

heute erhielt ich Kenntnis von "Crimen Sollicitationis" (Verbrechen durch Verführung). Dieses 56-seitige Papier wurde letzten Sonntag in einer BBC-Dokumentation thematisiert. Übermittelt wurde es seinerzeit an alle Bischöfe von der Heiligen Kongregation des Heiligen Offizium - der heutigen "Kongregation für die Glaubenslehre". Die Durchführung seiner Anweisung wurde auch von Ihnen verantwortet.

In dem Dokument wird ewiges Schweigen über pädophile Verbrechen Geistlicher von den Opfern, den Tätern und den Zeugen unter Androhung der Exkommunikation gefordert. Das bedeutete, dass diese Verbrechen kaum mehr vor ein weltliches Gericht gelangten. Das Bekleckern von Jugendlichen mit Liebessäften geistlicher Herren sollte vor der Welt verborgen und ungesühnt bleiben, damit das Ansehen der Kirche keinen Schaden erlitte. Für dieses Ziel verfälschte Ihre Kirche die Wahrheit der Anderen, der Opfer, und wollte sich davon losgelöst ihre eigene "Wahrheit" schaffen. In Amerika hat sich dafür das Wort "Thruthiness" herausgebildet. Wenn z. B. Bush sagt: "Es wird nicht gefoltert.", dann ist es auch so (nicht). In Deutschland sagt man: "Das gibt es nicht, weil nicht sein kann, was nicht sein darf."

Erzbischof Julian Herranz, der Präsident des päpstlichen Rates für die Interpretation des Kirchenrechts hatte in 2003 ausgeführt, dass sich das Dokument ausschließlich auf das kirchenrechtliche Verfahren beziehe. In keiner Weise ordne die Anweisung an, Fälle von sexuellem Missbrauch Jugendlicher vor den Behörden zu vertuschen. Da aber frage ich Sie: Wenn sexueller Missbrauch öffentlich angeklagt wird, worin soll dann noch der Sinn des Schweigens für das kirchenrechtliche Verfahren liegen? Ich verstehe dieses dreifaltige Denken nicht.

Wie Sie wissen, haben auch viele Heimkinder sexuelle Übergriffe von ihren geistlichen "Behütern" erfahren müssen. Dieses Trauma kam zu ihrem vielfach elenden Leben in kirchlichen Verwahranstalten hinzu. (Siehe: Peter Wensierski, Schläge im Namen des Herrn, http://www.wensierski.info). Und sicherlich werden Sie mir zustimmen, dass viele junge Menschen erzwungenen Sex mit geistlichen Leibern als Folter empfunden haben dürften. Zudem erschwert die Kirche durch Verschweigen der Schuld von Geistlichen die Verarbeitung der Traumata der Opfer und verstärkt damit die Kollateralschäden ihrer widernatürlichen zölibatären Lebensweise.

Und noch ein abschließender Gedanke: Es ist erschreckend, dass von Seiten der Kirche die Notwendigkeit gesehen wurde, das Dokument "Crimen Sollicitationis" überhaupt zu verfassen. Auch wurde das 56-seitige Dokument nicht geschrieben, um sicherzustellen, dass Verbrechen Geistlicher nicht mehr vorkommen, sondern damit sie nicht bekannt werden.

Ceterum censeo, tormentum bellumque esse interdicenda.

Mit freundlichen Grüßen

Nongrata


ALLE EURE DINGE LASST IN DER LIEBE GESCHEHEN - 1. KOR. 14, 16

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