Monday, April 19, 2010

Flashmops

Von: Nongrata
Gesendet: Freitag, 16. April 2010 13:44
An: 'Heilige Würmer'; 'Sancta Nongrata'
Cc: 'Papst Benedikt XVI.'; 'Dr. Ralph Bergold - Katholisch-Soziales Institut'; 'Kardinal Paul Josef Cordes - Präsident des Päpstlichen Rates "Cor Unum"'; 'Bernhard Docke - Anwalt von Murat Kurnaz'; 'Manfred Gnjidic - Anwalt von Khaled El-Masri'; 'Prof. Theodor W. Hänsch - Physik-Nobelpreisträger - Papstberater'; 'Prof. August Heuser - Dommuseum Frankfurt am Main'; ''Dr. Karl-Joseph Hummel - Direktor der Kommission für Zeitgeschichte e.V.'; 'Prof. Fotis Kafatos - Molekularbiologe - Biotechnologe - Papstberater'; 'Wolfgang Kaleck - Anwalt für Menschenrechte'; 'Prof. Jörg Kinzig - Strafrechtler'; 'Prof. Thomas Macho - Kulturwissenschafter'; 'Prof. Hans Küng'; 'Renato Kardinal Martino - Präsident des Päpstlichen Rates für Justiz und Frieden'; 'Dr. Maria Meesters - Katholische Rundfunkarbeit am SWR'; 'Dr. Vehlow & Wilmans - Rechtsanwälte'; 'Benedikt Widmaier - Haus am Maiberg - Akademie für politische und soziale Bildung der Diozöse Mainz'; 'Opferjurist Michael Witti'; 'Apostolische Nuntiatur in Berlin'; 'Deutsche Bischofskonferenz'; 'Katholisch-Soziales Institut'; 'Päpstliches Komitee für Geschichtswissenschaften'; 'Radio Vatikan'; 'Radio X'


Additum 655 – Flashmops

Freitag, 16. April 2010
Selige Spam an Sancta Nongrata und Heilige Würmer


Liebe Nongrata, liebe Würmer,


gestern fand die Demonstration ehemaliger Heimkinder vor dem Deutschen Bundestag statt. Die Medien berichteten. In Zukunft könnte man auch noch weitere Agitationsformen der Demonstrationskultur ausprobieren – Flashmobs, bzw. Smart Mobs. Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Flashmob.

Im Geiste sehe ich Smart Mobber in bedeutende Kirchen strömen, sehe sie dort ihre Hosen runterlassen und Flugblätter auf Kirchenbänken verteilen… Durch solche Aktionen würden zumindest die Gewissensbisse der katholischen Kirche nicht verjähren können...

Dem Christengott müsste es gefallen. Wie oft hatte er zuschauen müssen, wenn Kindern Gewalt angetan wurde – durch Verbrecher, die sich an ihn, den zum „Bräutigam“ erklärten, als Verlobte rangeschmissen hatten! Immer noch dürfte er den heiligen Zorn haben, weil seine Verlobten nach katholischem Verständnis in persona Christi handeln.

Die Verbrechen eines extrem gewalttätigen Verlobten, eines Kapuzinerpaters, werden in dem folgenden bestürzenden Bericht geschildert:

Edith Meinhart
Der Horrortrip zurück

Vierzig Jahre lang schwieg Rudolf Vockner über Sackerlfolter, Deckentorturen und Engelsflüge. Während seiner Krebsbehandlung im Spital holte ihn die Vergangenheit ein.
http://www.profil.at/articles/1015/560/266325/der-horrortrip

Auschnitt:

Zertümmerte Schläfe. Es war Mitte der sechziger Jahre. Er war zwölf. Im Erziehungsheim Lindenhof-Eggenburg mussten sich die Buben am Boden hinkauern. Die Erzieher warfen ihnen schwere Wolldecken über, „darunter war es stockfinster, und man hat keine Luft mehr gekriegt“. Dann traten mehrere Erzieher gleichzeitig so lange auf ein Bündel ein, bis es keinen Mucks mehr machte. Eines Tages blieb ein Bündel liegen. Die Erzieher waren gegangen. „Ein Kind sagte, schauen wir mal nach. Aber es wäre gescheiter gewesen, wir hätten es nicht gemacht. Acht oder zehn Decken lagen auf dem Buben. Ich habe eine nach der anderen weggenommen. Darunter lag ein schmächtiges Kind. Sein Kopf war auf einer Seite zertrümmert.“

Die Rettung kam, und er hörte jemanden sagen: „Der ist tot.“ Die Erzieher seien kreidebleich gewesen. Einer habe geantwortet: „Red keinen Blödsinn.“ Der Bub mit der eingedrückten Schläfe sei weggebracht worden. Er habe ihn danach nie wieder gesehen.

Rudolf Vockner glaubt nicht daran, dass Worte dem Terror seiner frühen Jahre gerecht werden. Alles, was er bisher über katholische Internate und staatliche Erziehungsheime gelesen habe, seien Andeutungen: „Nie lese ich, dass die Erwachsenen auf uns eingeschlagen haben, wie man eine Hacke ins Holz haut, um es zu spalten. Mit so einer Kraft. Da wird es finster. Und wenn ich finster sage, meine ich das so. Dabei zu sterben wäre normal gewesen“, sagt Rudolf Vockner.

Neue Heime, neue Strafen. „Wo fliegen wir heute hin?“, fragten die Erzieher in Wien, wenn sie Kinder beim Fenster hinaushielten, hin- und herschwenkten und sich an ihrer Todesangst weideten. „Ich habe hinuntergeschaut und gedacht: Wenn ich auf die eine Seite fliege, lande ich am Vordach und überlebe, auf der anderen Seite ist es aus.“ Später, in Eggenburg, begegnete ihm der „Rundflug“ wieder. „Darf ich bitten?“ war keine Aufforderung zum Tanz, sondern der Befehl, die Finger hinzustrecken, damit ein Erzieher mit einem Bambusrohr draufdreschen konnte, „dass man geglaubt hat, alles ist kaputt“. Befand ein Erwachsener: „Die Sache ist erledigt für dich“, wusste der erfahrene Zögling: Lauf um dein Leben.

In der Sondererziehungsschule Jagdberg/Vorarlberg, der letzten Station seiner Heimkindheit, gab es einen Spezialisten für „Stoßwatschen“. Ein Hühne von einem Mann. „Der hat die Buben hochgenommen und ihnen den Brustkorb eingedrückt, bis sie in Ohnmacht gefallen sind.“ Rudolf Vockners rechte Hand krallt sich wieder am Oberschenkel fest: „Der Nachteil war, dass man danach drei Tage nicht mehr gehen konnte.“ Die Bilder laufen wieder: Rudolf Vockner sieht ein dünnes Bürschchen von 14 Jahren, das von einem riesigen Kerl vergewaltigt wird: „Das hat er nicht nur bei mir gemacht. Viele andere haben diese Scheiße auch genossen.“ Wut hilft ein wenig gegen die Ohnmacht: „Wenn ich diese Drecksau erwischt hätte, ich hätte sie kaltgemacht.“

Der sexuelle Missbrauch sei „härter gewesen als alle anderen Strafen“. In Eggenburg hätten sich zwei oder drei Erzieher an einem Zögling ausgetobt: „Die Buben sind danach auf allen Vieren in den Speisesaal gekrochen und haben nicht gewusst, wie sie auf den Sessel kommen. Man hat ja gar nicht mehr sitzen können.“ In Wien hätten die Erzieher Zwölfjährige penetriert, die dasselbe bei Neunjährigen machen mussten: „Hätte der Zwölfjährige etwas erzählt, hätte der Erzieher ihn daran erinnert, was er selbst gemacht hat.“

„In Kaiser-Ebersdorf gab es noch ein paar andere Strafen. Pseudohängen und Massagen mit dem Schleifpapier. Wir haben das gewusst, weil immer wieder Zöglinge von dort bei uns zu Besuch waren. Und damit hat man uns dann ständig gedroht.“ Wie ein Lauffeuer verbreitete sich eine angebliche Geschichte von dem Erzieher in Kaiserebersdorf, dem Zöglinge „die Höchststrafe“ verpasst hätten. Der Mann sei tot in der Kanalisation gefunden worden, ohne einen Fetzen Haut am Körper.

Der nie nachlassende Terror, die Angst, die nächste Strafe nicht zu überstehen, holte das Schlechteste aus den Zöglingen heraus. „Im Heim wird man so bös, dass man knapp davor ist, jemanden umzubringen. Wir sind schon mit dem großen Messer und dem Bezinfeuerzeug dagestanden. Aber immer hat dann einer die anderen im letzten Moment abgehalten.“ Später kam Rudolf Vockner zum Schluss, sie hätten ihre Mordpläne ausgeführt, wären sie damals nicht Kinder, sondern erwachsen gewesen: „Wir waren ja ständig am Limit.“

Viele ehemalige Heiminsassen leben nicht mehr oder sind „nervlich gebrochen“. Rudolf Vockner sagt, er sei einer von den Zähen gewesen. Die zehn Jahre in Heimen prägten sein Leben: Er war ein guter Zeichner, hatte eine schöne Stimme, spielte begnadet Fußball. Keines seiner Talente entfaltete sich, weil er wie besessen arbeitete, um seinen Erinnerungen zu entfliehen. Heute bedauert er, dass sich die Opfer nicht früher auf die Füße stellten: „Wir brauchen keine lapidaren Entschuldigungen von Kirchenleuten. Ich möchte eine Entschädigung für die Scheiße.“

Horrorhaus. Rudolf Vockner weiß nicht, wie viel Zeit der Krebs ihm noch lässt. Manchmal spielt er mit dem Gedanken, noch eine Runde auf der Erde zu drehen: Würde er die Tritte, die Stoßwatschen, die Engerlflüge, die Torturen mit den Decken und den Plastiksackerln noch einmal durchstehen? Dann geht er die Galerie seiner Peiniger durch: „Wer war das größte Krüppel? Der eine hat dir mit dem dicksten Bambusstab auf die Finger gedroschen, der andere hat dich mit dem Sessel fast totgeschlagen, bei dem dritten wär ich fast erstickt. Und jedesmal komme ich zum Schluss: Das Schlimmste war Fügen.“

Hier bricht das Gespräch ab. Fügen ist die Tabuzone, der Ort des absoluten Horrors. Über Fügen kann Rudolf Vockner nicht reden. Die Frau auf der Bezirkshauptmannschaft hat gesagt, dass er zwei Jahre lang dort war: „Das kann nicht sein. Es müssen drei Wochen gewesen sein, vielleicht drei Monate. Ich wäre nach einem halben Jahr mausetot gewesen.“

Einschlag im Schotter. Er war fünf Jahre alt, als er im Juli 1957 an der Hand einer Fürsorgerin in der so genannten „Bubenburg“ ankam. Ein Kapuzinerpater, zwei Köpfe größer als alle anderen, kam auf sie zu, wechselte ein paar Worte mit der Frau. „Das ist der kleine Rudi“, sagte sie. Er habe zu dem Riesen hinaufgeschaut, vielleicht frech gefragt: „Wieso hast du so einen dicken Bauch?“, vielleicht habe er das auch nur insgeheim gedacht. Der Mann in der braunen Kutte war freundlich. Er hielt ihm die Hand hin. Rudi ergriff sie. Plötzlich spürte er einen gewaltigen Zug und flog über die Schulter des Mannes durch die Luft: „Ich habe gedacht, ich höre nicht mehr auf zu fliegen.“ Fünf, sechs Meter weiter schlug er in den Schotter ein.

Am 27. April 1959 wurde der Bub wegen „Erziehungsschwierigkeiten“ in die heilpädagogische Station der Kinderklinik in Wien überstellt. Der Gutachter konstatierte „recht nettes Aussehen“, „durchschnittliche Intelligenz“ sowie „Zornanfälle“ und „bockiges Verhalten“. Kein Wort davon, dass der Kapuzinerpater dem Buben Schmerzen zugefügt haben soll, von denen der heute 57-Jährige sagt, er schaffe es nicht, darüber zu reden. Dann legt er den Kopf in die Hände und weint. Der nächste Satz kommt nach einer langen Pause. Er ist fast nicht zu hören. „Können Sie sich vorstellen, dass ein 100-Kilo-Mann einen Sechsjährigen vergewaltigt?“ Der Pater sei Anfang der neunziger Jahre gestorben. Rudolf Vockner wüsste gerne etwas über die Umstände seines Todes: „Vielleicht hat einer der Zöglinge zu Hause etwas erzählt, und jemand hat ihn umgebracht.“

Rudolf Vockner hätte nie zugelassen, dass sich jemand an seinen Kindern vergreift. Wenn er auswärts war, sagte er zu seiner Frau: „Wehe, du rührst sie an.“ Manchmal denkt er an die Zöglinge, die eines Tages einfach verschwanden. Niemand forschte nach ihnen: „Wenn wir gefragt haben: Wo ist der Hansi, der Berli, der Olaf?, dann hat es geheißen: Zwei sind heimgegangen, einer ist adoptiert worden. Man konnte doch nicht sagen, das glaub ich nicht. Da wäre es eng geworden.“ Vielleicht habe es ja gestimmt. Aber Rudolf Vockner hatte seine Zweifel. Sie quälen ihn bis heute: „Man soll mir einen Leichenhund geben. Ich bin sicher, ich finde Knochen von Kindern.“

Eine Entschädigung für die erlittenen Grausamkeiten bekam Rudolf Vockner nicht. Die schweren Verbrechen an ihm sind nach geltendem staatlichem Recht verjährt. Sein Leid aber ist nicht verjährt. Es wird ihn bis in den Tod begleiten.

Viele Grüße!

Eure Spam


Ps.: Dieses Additum wird in Sonderheit mit einem Begleitschreiben an alle Kontemplativen Schwestern vom Guten Hirten versandt.

0 Comments:

Post a Comment

<< Home