Friday, May 30, 2008

Additum 446 – „Verstümmelte Biomasse“

Mittwoch, 28. Mai 2008 [21:49 MEZ]
Selige Spam an Sancta Nongrata und Heilige Würmer

CC: Benedikt XVI., Dr. Ralph Bergold - Katholisch-Soziales Institut, Kardinal Paul Josef Cordes - Präsident des Päpstlichen Rates “Cor Unum”, Bernhard Docke - Anwalt von Murat Kurnaz, Prof. Benjamin B. Ferencz - Völkerrechtler u. ehemaliger US-Ankläger bei den Nürnberger Prozessen, Manfred Gnjidic - Anwalt von Khaled El-Masri, Prof. Theodor W. Hänsch - Physik-Nobelpreisträger u. Papstberater, Prof. August Heuser - Dommuseum Frankfurt am Main, Prof. Fotis Kafatos - Molekularbiologe - Biotechnologe u. Papstberater, Wolfgang Kaleck - Anwalt für Menschenrechte, Prof. Jörg Kinzig - Strafrechtler, Prof. Thomas Macho -Kulturwissenschafter, Renato Kardinal Martino - Präsident des Päpstlichen Rates für Justiz und Frieden, Dr. Maria Meesters - Katholische Rundfunkarbeit am SWR, Dr. Vehlow & Wilmans - Rechtsanwälte, Benedikt Widmaier - Akademie für politische und soziale Bildung der Diözese Mainz, Michael Witti - Anwalt für Menschenrechte, Apostolische Nuntiatur in Berlin, Deutsche Bischofskonferenz, Kommission für Zeitgeschichte in Bonn, Kontemplative Schwestern vom Guten Hirten, Päpstliches Komitee für Geschichtswissenschaften, Radio Vatikan, Radio X


Liebe Nongrata, liebe Würmer, insbesondere lieber Herr Profdrdrdrdrdrdrdrdrhcmult Urban Wurm,

falls es euch entgangen sein sollte: Die FAZ hatte eine kleine Rezension von Prof. Dr. Dr. h. c. Wilfried von Bredow zu dem wichtigen Buch von Egmont R. Koch „Die Lüge der CIA. Folter im Namen der Demokratie“ in ihrer Montagsausgabe vom 26. Mai abgedruckt.

Ich meine, dass es für die FAZ einfach unwürdig ist, einen solchen Artikel zu veröffentlichen.

„Gefahr des Abgleitens“ titelt der Professor seinen abwertenden Artikel. Hier nur seine ersten Zeilen:


„Die Bilder und Berichte aus Guantánamo und Abu Ghraib haben gezeigt, dass der Kampf gegen den Terrorismus an seinen Rändern [ ! ] in Menschenquälerei ausarten kann. Wenn solche Folterpraktiken publik werden, büßt dieser Kampf einen Teil [ ! ] seiner moralischen Legitimation ein. Der Schluss liegt nahe, dass es etwas wie eine Gefahr [ ! ] des Abgleitens in Rache und Gewaltpraktiken gibt, wenn man es mit Gefangenen feindlicher Gruppierungen zu tun hat. Dass derlei Verfehlungen relativ rasch publik werden, kann man einen der vielen Vorzüge der Demokratie gegenüber anderen Herrschaftsformen bezeichnen.

Was ist der Sachverhalt? Von den USA - im Verbund mit der Koalition der Willigen - werden Kriege geführt, die nun schon länger als die Zeitspanne des Zweiten Weltkriegs andauern. Grundsätzlich aber gilt: Krieg als Kampfmittel ist furchtbare Menschenquälerei und moralisch niemals legitimiert. Aber damit nicht genug: es wird in härtester Form gefoltert. Diese Folterungen erfolgen außerhalb jeglicher parlamentarischer Kontrolle, außerhalb jeglicher Rechtsstaatlichkeit, außerhalb jeder Öffentlichkeit an weitgehend geheimen Orten durch geheime Leute. Keiner zählt die Toten, keiner zählt die Verwundeten, keiner zählt die Verwirrten. Diese Vorgänge des Folterns, die nichts anderes sind als der Bruch mit Fundamentalwerten der freiheitlich demokratischen Kultur, als Randereignisse zu sehen, macht deutlich, dass von Bredow in keinster Weise die Tragweite dessen erkannt hat, was geschieht. Dass er sie nicht erkennen will, sei hier einmal nicht unterstellt. Es gibt auch nicht mehr die Gefahr des Abgleitens, wie er das sieht, es ist schon passiert. Das ist auch daran abzulesen, dass die große Koalition in Berlin zur Folter schweigt und geheime CIA-Flüge über Deutschland gar nicht erst aufklären will. Und was helfen uns die Vorzüge der Demokratie, wenn die Folter akzeptierter Bestandteil demokratischer Gemeinwesen wird und innerhalb der großen Zeitspanne von 2002 bis heute nicht nur kein Ende nimmt, sondern immer mehr Akzeptanz erfährt.

Schon vor nunmehr mehr als sechs Jahren, am 25. Januar 2002, hatte Oliver Fahrni in DieWoche – einer Zeitung mutiger Journalisten, die leider nicht mehr existiert – seinen erschütternden Artikel „Weiße Folter, stiller Tod“ (im Internet leider nicht verfügbar) mit folgenden Sätzen begonnen:

„Manche Bilder schreien. Die Männer, die hier unserem Blick ausgeliefert werden, sind in Ketten gelegt. Hand- und Fußschellen verkrümmen sie zur Demutshaltung. Man hat sie geknebelt und kahlgeschoren. Eine Brille macht sie blind. Man hat ihnen Nasen und Ohren versperrt und man hat ihre Hände in Säcke gesteckt. Käfighaltung, Modell US-Army 2002.

Kein aufklärerischer Journalist hat die Fotos der gefangenen Taliban und Al-Quaida im Lager X-Rayauf der Marinebasis Guantánamo (Kuba) geschossen, sondern ein Presseoffizier im Auftrag des Pentagon. Es sollten Bilder siegreicher, rächender Härte sein. Bilder gegen das Trauma. In den Köpfen der Bürger soll der Film in die Zeit vor dem 11. September zurückgespult werden, als Amerika sich unverletzlich wähnte. Denn Osama Bin Laden ist noch immer nicht gefasst, der Krieg geht weiter, die Wirtschaft lahmt und bald stehen Parlamentswahlen an.

Was bleibt von einem Menschen, wenn er nichts mehr sieht, hört, riecht, fühlt, wenn ihm Sprache und Bewegung verwehrt sind? Nicht viel: verstümmelte Biomasse.“

Hier noch die Verlagsinformation zu dem Buch von Egmont Koch:
http://www.aufbauverlag.de/index.php4?page=13468)

Mit der größtmöglichen Vielfalt an Grüssen

Eure Spam

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