Saturday, October 06, 2007


Additum 295 - Naturrecht

6. Oktober 2007, 18:57 MEZ
Nongrata scribit Vermiculis sanctis.


CC: Benedikt XVI., Dr. Ralph Bergold - Katholisch-Soziales Institut (KSI), Bernhard Docke - Anwalt von Murat Kurnaz, Manfred Gjindic - Anwalt von Al Masri, Prof. Dr. Theodor W. Hänsch - Physik-Nobelpreisträger - Papstberater, Prof. Dr. August Heuser - Dommuseum Frankfurt am Main, Prof. Dr. Fotis Kafatos - Molekularbiologe - Biotechnologe - Papstberater, Wolfgang Kaleck - Anwalt für Menschenrechte, Prof. Dr. Jörg Kinzig - Strafrechtler, Prof. Thomas Macho - Kulturwissenschafter, Dr. Maria Meesters - Katholische Rundfunkarbeit am SWR, Prof. Dr. Wolf Singer - Hirnforscher - Papstberater, Dr. Vehlow & Wilmans - Rechtsanwälte, Benedikt Widmaier - Akademie für politische und soziale Bildung der Diözese Mainz, Michael Witti - Anwalt für Menschenrechte, Apostolische Nuntiatur in Berlin, Deutsche Bischofskonferenz (DBK), Katholisch-Soziales Institut (KSI), Kontemplative Schwestern vom Guten Hirten, Päpstliches Komitee für Geschichtswissenschaften, Radio Vatikan, Radio X


Liebe Vermiculi sancti,


ein Teil der "Stimme des Papstes und der Weltkirche" hat überraschend schnell versagt. Das Dokument "Vatikan: Mehrheiten können irren" (siehe unten),
das gestern, am 6. 10. 2007, unter http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp%3Fc%3D159150 erschienen war, ist schon heute, einen Tag später, nicht mehr aufrufbar. Andere Dokumente dagegen sind ganz normal zu finden.

Ob vielleicht Papst Benedikt bei seinen Äußerungen zum Naturrecht nur an das ungeborene Leben dachte und nicht an die schweren Folterbrechen der US-Regierung, die seit gestern, dem 6. 10. 2007, wieder einmal im Focus der Weltöffentlichkeit stehen? Ob vielleicht Papst Benedikt XVI., der Präsident Bush so herzlich zur Audienz empfangen hatte, auf keinen Fall falsch verstanden werden und in den Geruch kommen will, die größte "Demokratie" der Welt wegen ihrer speziellen "Techniken" zu kritisieren? Bisher hat er, obwohl er sich immer wieder politisch äußert, zu Guantanamo und den Geheimgefängnissen der CIA keinerlei Stellung bezogen. Was meint ihr, liebe Vermiculi sancti, ob vielleicht der Papst in diesem Punkt nicht guten Willens ist? Es heißt, mehrere Jahre lang soll die Internationale Theologische Kommission nun schon an einer Neuformulierung des "moralischen Naturrechts" arbeiten. Aber eigentlich könnte der Papst doch auch schon vor Beendigung der Arbeit dieses Gremiums die durch den wiedergeborenen Christen Bush genehmigten Folterpraktiken in einfachen und klaren Worten verdammen. Christus hätte an seiner Stelle bestimmt nicht lange gefackelt.

(Ganz nebenbei: Mich interessiert sehr, wie die Internationale Theologische Kommission begründen wird, warum die Führungspositionen der katholischen Kirche nur von Männern ausgefüllt werden können - warum die Frauen gegenüber den Männern so stark abgewertet sind.)

Hier der nicht mehr aufrufbare Text (umformatiert)

Radio Vatikan
Die Stimme des Papstes und der Weltkirche

Vatikanische Dokumente

05/10/2007 14.30.
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"Vatikan: Mehrheiten können irren"

Alle Menschen guten Willens, auch Angehörige nichtchristlicher Religionen, sollten zusammenarbeiten, um eine Aushöhlung der grundlegenden Rechte des Menschen zu verhindern. Das sagte Papst Benedikt XVI. heute vor den Mitgliedern der Internationalen Theologischen Kommission, die in diesen Tagen zu ihrer Vollversammlung im Vatikan zusammengetreten sind. Das Gremium arbeitet seit mehreren Jahren an einer Neuformulierung des „moralischen Naturrechts“ für die heutige Zeit aus katholischer Sicht. Dabei geht es darum, Normen bzw. eine Verständigung auf Werte zu finden, die für eine zusammenwachsende Weltgemeinschaft tragfähig sind. Papst Benedikt warnte dabei vor dem „ethischen Relativismus“ der zeitgenössischen Gesellschaft.

„In diesem ethischen Relativismus sehen manche sogar eine der Hauptbedingungen der Demokratie, weil der Relativismus – ihnen zufolge – Toleranz und wechselseitigen Respekt der Personen garantiert. Doch wenn es so wäre, würde die Mehrheit eines Augenblicks zur letzten Quelle des Rechtes werden. Die Geschichte zeigt mit großer Klarheit, dass Mehrheiten irren können“


Wenn es um die grundlegenden Menschenrechte gehe, dann könne aber kein von Menschen gemachtes Gesetz „die vom Schöpfer ins Herz des Menschen eingeschriebene Norm“ umstürzen, ohne dass die Gesellschaft in ihren Grundlagen erschüttert würde, so der Papst.

„Wenn es durch eine tragische Verdunkelung des kollektiven Bewusstseins dazu käme, dass Skeptizismus und ethischer Relativismus die grundlegenden Prinzipien des moralischen Naturrechts auslöschen, würde sogar die demokratische Ordnung in ihren Fundamenten erschüttert. Gegen eine solche Verdunkelung muss man das Bewusstsein aller Menschen guten Willens mobilisieren, Laien oder auch Angehörige nichtchristlicher Religionen. Sie sollen sich zusammen darum bemühen, in der Kultur und auf ziviler und politischer Ebene die nötigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Wert des moralischen Naturrechts volle Anerkennung erfährt.“


Dem Begriff des Naturrechts liegt die Auffassung zugrunde, dass jeder Mensch von Natur aus (also nicht durch Übereinkunft) mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet sei. Diese sind unabhängig von Geschlecht, Ort, Zeit, Religion, Staatszugehörigkeit oder Staatsform. Zu diesen unveräußerlichen Rechten gehören das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit oder das Recht auf persönliche Freiheit.
(rv 05.10.2007 gs)

Ceterum censeo, tormentum esse interdicenda.

Mit herzlichen Grüßen

Nongrata


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