Wednesday, September 19, 2007


Additum 289 - Die Spitze des Eisbergs "in den Kälteströmen der Gegenwart"


19. September 2007, 22:55 MEZ
Nongrata scribit Vermiculis sanctis.

cc: Benedikt XVI., Dr. Ralph Bergold - Katholisch-Soziales Institut (KSI), Bernhard Docke - Anwalt von Murat Kurnaz, Prof. Dr. Theodor W. Hänsch - Physik-Nobelpreisträger - Papstberater, Prof. Dr. August Heuser - Dommuseum Frankfurt am Main, Prof. Dr. Fotis Kafatos - Molekularbiologe - Biotechnologe - Papstberater, Wolfgang Kaleck - Anwalt für Menschenrechte, Prof. Dr. Jörg Kinzig - Strafrechtler, Prof. Thomas Macho - Kulturwissenschafter, Dr. Maria Meesters - Katholische Rundfunkarbeit am SWR, Prof. Dr. Wolf Singer - Hirnforscher - Papstberater, Dr. Vehlow & Wilmans - Rechtsanwälte, Benedikt Widmaier - Akademie für politische und soziale Bildung der Diözese Mainz, Michael Witti - Anwalt für Menschenrechte, Apostolische Nuntiatur in Berlin, Deutsche Bischofskonferenz (DBK), Katholisch-Soziales Institut (KSI), Kontemplative Schwestern vom Guten Hirten, Päpstliches Komitee für Geschichtswissenschaften, Radio Vatikan, Radio X



Liebe Vermiculi sancti,

über die drei in den Vatikanfarben gelb und weiß gestalteten loci solltet ihr, die Würmer, besser schweigen. Sonst könnte es 2008 in der judenfeindlichen, katholischen Karfreitagsfürbitte nicht nur antisemitisch, sondern auch noch antivermiculistisch heißen: "Lasset uns beten nicht nur für die Juden sondern auch für die Würmer: Gott unser Herr, möge den Schleier von ihren Herzen wegnehmen, auf dass auch sie unseren Herrn Jesus Christus erkennen. Allmächtiger ewiger Gott ... erhöre unsere Gebete, die wir ob der Verblendung jenes Volkes und jener Wurmvölker vor dich bringen: mögen sie ... ihrer Finsternis entrissen werden."

Natürlich stimme ich euch zu: die Menschenwelt ist abstrus. Gerade komme ich entspannt vom Bergwandern und -klettern in den Dolomiten zurück, schaue in die angesammelte Post, sehe die großen Lettern der FAZ-Sonntagszeitung: "Schäuble warnt vor Atom-Anschlag" und lese die Ankündigung der Endzeit durch den Innenminister: "Viele Fachleute sind davon überzeugt, dass es nur noch darum geht, wann ein solcher Anschlag kommt, nicht mehr, ob. Ich rufe dennoch zur Gelassenheit auf. Es hat keinen Zweck, dass wir uns die verbleibende Zeit auch noch verderben, weil wir uns schon vorher in eine Weltuntergangsstimmung versetzen."

Als Anhängerin der Gewaltlosigkeit sage ich darum: Da nach Meinung der Experten Deutschland bald durch einen nuklearen Anschlag atomar verseucht sein wird, hat die herrschende Grundhaltung, die militärische Mittel zur Durchsetzung von Zielen als legitimes Mittel der Politik betrachtet, nichts gebracht - und so sollte der Christ Wolfgang Schäuble, der ja auch auf die Folterergebnisse anderer Länder nicht verzichten will, auf den letzten Meter Pazifist werden und sich nur noch auf sein Weiterleben im Jenseits vorbereiten.

Und Kardinal Meisner, der im Kölner Dom gesagt hat: "Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kult im Ritualismus und die Kultur entartet", hätte sich mit der belasteten Vokabel "entartet" besser an ganz anderer Stelle eingemischt und verkündet:
Wenn Folter zugelassen wird, entartet die christliche Kultur. Christus, der jeden einzelnen Menschen und jeden einzelnen Wurm liebt, erwartet von uns Erbarmen, nicht Grausamkeit.

Papst Benedikt XVI. hat übrigens am 16. September zum Abschluss seiner Reise nach Österreich kritisiert: "Menschen sehen und übersehen, haben Not vor Augen und bleiben doch ungerührt, das gehört zu den Kälteströmen der Gegenwart." Außerdem soll er gesagt haben, Jesus lehre einen offenen Blick und damit die "unbedingte Wahrnehmungspflicht für die Lage der Anderen". (http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/panorama/ausland/477959)

Vielleicht kommt nun Papst Benedikt endlich dazu, die entsetzliche Not wahrzunehmen, die Folterer aus christlichen Kulturen anrichten - um Einspruch zu erheben.

Gerade bedauert der Klerus in Argentinien das Verhalten der Kirche während der Militärdiktatur: Sie habe auf Menschenrechtsverletzungen nur mit Schweigen reagiert und sei zur Komplizin geworden.
(http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/articolo.asp?c=154401)
In Argentinien kursierte übrigens das CIA-Handbuch mit braunen Wurzeln - das Kubark-Handbuch von 1963, das jetzt in deutscher Übersetzung vorliegt: http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/4257499/. Der Nazi-Mediziner Prof. Walter Schreiber hatte, um dem Nürnberger Tribunal zu entkommen, seine Erfahrungen mit Verhörpraktiken wie Stehfolter, Hundebissen, Mescalin und Pentothal-Injektionen an die CIA weitergegeben.

Ich würde mir wünschen, über Radio Vatikan, das sich die "Stimme des Papstes und der Weltkirche" nennt, erklänge endlich eine Stellungnahme zur Folter in Guantanamo - dieser Spitze des Eisberges in "den Kälteströmen der Gegenwart".

Ceterum censeo, tormentum bellumque et bellum et tormentum esse interdicenda.

Mit herzlichen Grüßen

Nongrata


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FOLTER-IST-UNMORALISCHER-ALS-MORD
Petter-Moen-Petter-Moens-Tagebuch


Der-Jude-Petter-Moen-wurde-1901-geboren-und-starb-1945-
Er-war-
Leiter-der-illegalen-Presse-in-Norwegen-während-des-zweiten-
Weltkrieges-Nach-seiner-Gefangennahme-durch-die-Gestapo-wurde-
er-in-einer-Isolationszelle-im-Gestapo-Hauptquartier-Møllergata-19-
in-Oslo inhaftiert-Dort-schrieb-er-sein-Tagebuch-indem-er-Buchstaben-
mit-einer-Reiszwecke-in-Toilettenpapier-einritzte-und-die-Blätter-dann-
in-einem-Entlüftungsabzug-hinunterließ-um-sie-nie-wieder-zu-sehen

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