Thursday, April 17, 2008

Additum 417 – Ärzte als Komplizen der Folter

Dienstag, 15. April 2008 [17. 4. 2008, 00:54 Uhr]
Sancta Nongrata an Vermiculi Sancti und Selige Spam

CC: Benedikt XVI., Dr. Ralph Bergold - Katholisch-Soziales Institut, Kardinal Paul Josef Cordes - Präsident des Päpstlichen Rates “Cor Unum”, Bernhard Docke - Anwalt von Murat Kurnaz, Prof. Benjamin B. Ferencz - Völkerrechtler u. ehemaliger US-Ankläger bei den Nürnberger Prozessen, Manfred Gnjidic - Anwalt von Khaled El-Masri, Prof. Theodor W. Hänsch - Physik-Nobelpreisträger u. Papstberater, Prof. August Heuser - Dommuseum Frankfurt am Main, Prof. Fotis Kafatos - Molekularbiologe - Biotechnologe u. Papstberater, Wolfgang Kaleck - Anwalt für Menschenrechte, Prof. Jörg Kinzig - Strafrechtler, Prof. Thomas Macho - Kulturwissenschafter, Renato Kardinal Martino - Präsident des Päpstlichen Rates für Justiz und Frieden, Dr. Maria Meesters - Katholische Rundfunkarbeit am SWR, Prof. Wolf Singer - Hirnforscher u. Papstberater, Dr. Vehlow & Wilmans - Rechtsanwälte, Benedikt Widmaier - Akademie für politische und soziale Bildung der Diözese Mainz, Michael Witti - Anwalt für Menschenrechte, Apostolische Nuntiatur in Berlin, Deutsche Bischofskonferenz, Kommission für Zeitgeschichte in Bonn, Kontemplative Schwestern vom Guten Hirten, Päpstliches Komitee für Geschichtswissenschaften, Radio Vatikan, Radio X



Liebe Vermiculi Sancti, liebe Spam,

der prominente amerikanische Medizinprofessor Steven H. Miles - Präsident der Amerikanischen Gesellschaft für Bioethik und mehrfach ausgezeichneter Menschenrechtler - ist Verfasser des Buches „Oath Betrayed, Torture, Medical Complicity and the War on Terror“ (zu deutsch: „Der verratene [hippokratische] Eid, Folter, ärztliche Komplizenschaft und der Krieg gegen den Terror“).

Für sein Buch hat Prof. Miles 35.000 Seiten öffentlich zugängliche Dokumente ausgewertet. Es geht ihm um die Frage der Mitverantwortung von Militärärzten, Psychologen und Sanitätern. Er untersuchte, inwieweit diese Berufsgruppen in Abu Ghureib, in Guantanamo und zahlreichen anderen Haftanstalten an Folterverbrechen verantwortlich beteiligt waren und kam zu schockierenden Ergebnissen. Medizinisches Personal kollaborierte beim Foltern, Misshandlungen wurden schweigend geduldet sowie deren Spuren vertuscht. „Im psychologischen Bereich wurden alle Anstrengungen darauf angelegt, die Gefangenen zu brechen, nicht aber, sie zu behandeln“, sagt Miles. Ärzte und Psychologen hätten ihre Schweigepflicht gebrochen und Auskunft erteilt, um Schwachstellen von Gefangenen für Verhöre nutzbar zu machen. Auch seien Spuren von schwersten Misshandlungen von Medizinern ignoriert worden und Folterfolgen unbehandelt geblieben. „Die Fotos aus Abu Ghraib wurden sogar als Bildschirmschoner nach Hause geschickt“.

Und Miles prangert an: „Das medizinische System, das eigentlich die Einhaltung der Menschenrechte überwachen sollte, war in das System der Misshandlungen eingewoben. Es war die Konsequenz einer Politik, die von Verteidigungsminister Rumsfeld entworfen wurde.“ Die Regierung habe einen Ausschuss gebildet, der die Regeln und Maßnahmen für die Verhöre steuerte. Mehr als achtzig Prozent der Gefangenen seien unschuldig gewesen. Und Miles sagt auch: „Die Regierung Bush machte es zu ihrer Politik, die Veröffentlichung sämtlicher Totenscheine zu stoppen – vor allem bei jenen Gefangenen, die in CIA-Gefängnissen oder an Folter starben“.
(Siehe: „Der bedrückende Verrat am hippokratischen Eid“ http://www.abendblatt.de/daten/2008/04/12/868430.html;

„US-Militärgefängnisse: Ärzte beteiligten sich an Folterungen“ http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=43956)

Folter schlimmster Art, darunter das Waterboarding, ist nach Präsident Bushs Veto gegen das Anti-Folter-Gesetz für die CIA weiterhin erlaubt (siehe „Additum 388 – Veto – ich verbiete“). Vermutlich wird auch in diesem Augenblick im Beisein von Militärärzten gefoltert. Dabei ist es nicht Aufgabe der Militärärzte, den Gefolterten beizustehen, sondern die Messlatte für die Qual immer höher zu legen - bis hin zu Sekunden vor dem Tod. Diese Ärzte sind im Funktionsgefüge der Folter auf furchtbare Weise eingebunden. Eine Parallele zum Dritten Reich drängt sich auf.

Zur juristischen Absicherung des Folterns wurde am 14. März 2003 vom damaligen Berater im Justizministerium, John Yoo, für die Bush-Regierung ein Rechtsgutachten erstellt. Frontal 21 zitierte heute abend Kernsätze aus dem Gutachten:

"Wenn eine Verhörmethode gegen Strafgesetze verstößt, könnten Not oder Selbstverteidigung die Rechtfertigung für eine strafrechtliche Haftung sein.“ Geltende Gesetze können demnach also außer Kraft gesetzt werden, auch das Internationale Völkerrecht. Dazu heißt es: "Gewöhnliches Völkerrecht ist nicht Bundesrecht, und es steht dem Präsidenten frei, sich nach seinem Ermessen darüber hinweg zu setzen." Anfang Mai soll Yoo vor einem Untersuchungsausschuss des US-Senats zu dem Memorandum befragt werden.“

(Siehe: „Quälen auf Verdacht – Bush-Regierung rechtfertigt Folter“ http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/23/0,1872,7225559,00.html)

Georg Bush hat sich nach seinem Ermessen über geltendes Gesetz hinweggesetzt und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeordnet. Viele Menschen – darunter Militärärzte – sind mitschuldig.

Ceterum censeo, bellum tormentum esse interdicenda.

Mit besten Grüßen

Nongrata

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