Sunday, June 08, 2008

Additum 452 – Essen tut nicht weh

Sonntag, 8. Juni 2008 [22h52]
Sancta Nongrata an Vermiculi Sancti und Selige Spam

CC: Benedikt XVI., Dr. Ralph Bergold - Katholisch-Soziales Institut, Kardinal Paul Josef Cordes - Präsident des Päpstlichen Rates “Cor Unum”, Bernhard Docke - Anwalt von Murat Kurnaz, Prof. Benjamin B. Ferencz - Völkerrechtler u. ehemaliger US-Ankläger bei den Nürnberger Prozessen, Manfred Gnjidic - Anwalt von Khaled El-Masri, Prof. Theodor W. Hänsch - Physik-Nobelpreisträger u. Papstberater, Prof. August Heuser - Dommuseum Frankfurt am Main, Prof. Fotis Kafatos - Molekularbiologe - Biotechnologe u. Papstberater, Wolfgang Kaleck - Anwalt für Menschenrechte, Prof. Jörg Kinzig - Strafrechtler, Prof. Thomas Macho -Kulturwissenschafter, Renato Kardinal Martino - Präsident des Päpstlichen Rates für Justiz und Frieden, Dr. Maria Meesters - Katholische Rundfunkarbeit am SWR, Dr. Vehlow & Wilmans - Rechtsanwälte, Benedikt Widmaier - Akademie für politische und soziale Bildung der Diözese Mainz, Michael Witti - Anwalt für Menschenrechte, Apostolische Nuntiatur in Berlin, Deutsche Bischofskonferenz, Kommission für Zeitgeschichte in Bonn, Kontemplative Schwestern vom Guten Hirten, Päpstliches Komitee für Geschichtswissenschaften, Radio Vatikan, Radio X


Liebe Selige Spam, liebe Vermiculi Sancti,

bei SPIEGEL online war letzten Donnerstag (5. 6. 2008) das Multi-Media-Spezial „Guantanamo: Einblick in den Terrorknast
anzuklicken.

Es handelt sich um 16 Videos, die die SPIEGEL-TV-Reporterin Karin Assmann im Gefangenenlager Guantanamo drehen und damit die „schöne Welt“ dort zeigen durfte. Warum? Wofür?

http://www.spiegel.de/flash/0,,16056,00.html

Mit freiem Journalismus hat diese Video-Präsentation nichts zu tun. Man kann sie wohl nur als Propaganda bezeichnen. DENN DIE MÄCHTIGEN HABEN IMMER RECHT.

Entgegen allen Erwartungen ist nunmehr zu erfahren: Die Häftlinge in dem von Air Sunshine angeflogenen Luxuslager bekommen ein abwechslungsreiches „Menu“ (Die Köchin: „Es tut nicht weh, ich esse es jeden Tag“) und leiden unter Gewichtsproblemen. Hygiene, Sauberkeit und Ordnung sind groß geschrieben und folgsame Häftlinge erhalten eine ganze Reihe von Privilegien, unter anderem wechseln sie in ein eigenes „Appartement“. Selbst ein Raum für Sprachunterricht und ein Fußballplatz sind zu sehen. Auch leisten junge Soldaten und Soldatinnen mit Milchgesichtern den Bewachungs- und Betreuungs-Service. Ihnen werfen die Häftlinge Cocktails aus Erbrochenem, Fäkalien und Blut (!) entgegen, obwohl das Gefängnis doch laut Aussage des Baby-face-soldier „auf viel höherem Niveau“ als in anderen Ländern ist, was immer auch er damit meint. Die Gefangenen jedoch, um die sich alles dreht, sind nicht zu sehen. Ihr Leid darf kein Gesicht haben und kein Gehör finden. DENN DIE MÄCHTIGEN HABEN IMMER RECHT.


Guantanamo-Befürworter werden nun frohlocken, dass SPIEGEL online endlich nach vielen Jahren die Realität in Guantanamo zeige, und verkünden, die Behandlung im 5-Sterne-Foltercamp sei doch viel zu gut für Terroristen.

So vermutlich auch der Publizist, SPIEGEL-Autor und Börne-Preisträger Henryk M. Broder, der zu wissen meint „wie Liberale ticken, wenn sie ihren Cafe latte schlürfen und sich über Guantanamo aufregen“ – ein Mann der Kultur, der einen Artikel über die „Big Brother“- TV Folge mit „Gemütlich wie Guantanamo“ zu titeln vermag. (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,344409,00.html)

In seinem Buch "Hurra, wir kapitulieren. Von der Lust am Einknicken" schreibt er: «Die Idee, man könnte dem Terror nur mit rechtsstaatlichen Mitteln beikommen, übersteigt die Grenze zum Irrealen», und: „Es ist, als ob man die Feuerwehr auffordern würde, sich bei ihren Einsätzen an die Straßenverkehrsordnung zu halten und auf keinen Fall eine rote Ampel zu überfahren.“


Für Air Torture gibt es keine roten Ampeln. Air Torture agiert erhaben über jegliches Recht in den Lüften. Air Torture fliegt rund um die Welt, rund um die Uhr, wie der Teufel, immer im Einsatz für das „Gute“, für die Reinigung der Welt von Terroristen. DENN DIE MÄCHTIGEN HABEN IMMER RECHT – JEDOCH NUR WEGEN DER VIELEN ANPASSER, MITLÄUFER UND VORTEILSNEHMER, EINSCHLIESSLICH DER ZUM TEIL GESTEUERTEN MEDIEN.

Es lässt sich erinnern, dass das Schrecklichste in Deutschland für das „Gute“ geschah – für die Reinigung des Volkes von „Ungeziefer“. Säuberliche Menschen meinten, es wäre dafür allerhöchste Eisenbahn. So waren dann selbst die Schilder deutscher Barackenlager stets sauber geschrubbt und auch Petter Moen erhielt in Norwegen sauberes Toilettenpapier. Mühsam ritzte er darauf sein heimliches Tagebuch. Seine Worte – sein Vermächtnis für die Welt – können nicht oft genug wiederholt werden:

„FOLTER-IST-UNMORALISCHER-ALS-MORD“
Der-Jude-Petter-Moen-wurde-1901-geboren-und-starb-1945-während-
seiner-Deportation-nach-Deutschland- Er-war-Leiter-der-illegalen-
Presse-in-Norwegen-während-des-zweiten-Weltkriegs-Nach-seiner-
Gefangennahme-durch-die-Gestapo-wurde-er-in-einer-Isolationszelle-
im-Gestapo-Hauptquartier-Møllergata-19-in-Oslo inhaftiert-Dort-schrieb-
er-sein-Tagebuch-indem-er-Buchstaben-mit-einer-Reiszwecke-in-
Toilettenpapier-einritzte-und-die-Blätter-dann-in-einem-Entlüftungsabzug-
hinunterließ-um-sie-nie-wieder-zu-sehen.1500-Blätter-fand-man-nach-
dem-Krieg.


Das Jahr 1945, als der Journalist Petter Moen starb, ist mein Geburtsjahr, und ich werde Petter Moens Botschaft an die Welt – „FOLTER IST UNMORALISCHER ALS MORD“ – zeitlebens weitertragen, besonders dann, wenn es an einem weltbekannten Folterort wie Guantanamo so beängstigend säuberlich zugeht.

Von Zeit zu Zeit sehe ich mir das Foto einer skandinavischen Frau an. Still und schön wie eine Indianerin steht die Jüdin da. Wegen ihr wurde mein Großvater seines Amtes enthoben.

Ceterum censeo, bellum et tormentum esse interdicenda.

Mit herzlichen Grüßen

Nongrata

WIDER DIE FOLTER !

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