Tuesday, January 01, 2008


Additum 338 - Überwachungsstart


Dienstag, 1. Januar 2008 [20:01 Uhr]
Vermiculi sancti scribint Nongratae

CC: Benedikt XVI., Dr. Ralph Bergold - Katholisch-Soziales Institut, Bernhard Docke - Anwalt von Murat Kurnaz, Manfred Gnjidic - Anwalt von Khaled El-Masri, Prof. Dr. Theodor W. Hänsch - Physik-Nobelpreisträger - Papstberater, Prof. Dr. August Heuser - Dommuseum Frankfurt am Main, Prof. Dr. Fotis Kafatos - Molekularbiologe - Biotechnologe - Papstberater, Wolfgang Kaleck - Anwalt für Menschenrechte, Prof. Dr. Jörg Kinzig - Strafrechtler, Prof. Thomas Macho - Kulturwissenschafter, Dr. Maria Meesters - Katholische Rundfunkarbeit am SWR, Prof. Dr. Wolf Singer - Hirnforscher - Papstberater, Dr. Vehlow & Wilmans - Rechtsanwälte, Benedikt Widmaier - Akademie für politische und soziale Bildung der Diözese Mainz, Michael Witti - Anwalt für Menschenrechte, Apostolische Nuntiatur in Berlin, Deutsche Bischofskonferenz, Evangelische Kirche Deutschland, Kommission für Zeitgeschichte in Bonn, Kontemplative Schwestern vom Guten Hirten, Päpstliches Komitee für Geschichtswissenschaften, Radio Vatikan, Radio X, Bundesministerium des Inneren



Liebe Vermiculi sancti,

heute erleben wir den Überwachungsstart. Telekommunikationsdaten von 82 Millionen Bundesbürgern werden von nun an protokolliert und gespeichert. Mich beschleicht dabei das Gefühl, nicht angemessen überwacht zu werden, denn durch die gigantische Vorratsdatenspeicherung gerät jetzt auch meine Kommunikation in die Massendatensammlung. Dabei bin ich eine Heilige und der Einzelüberwachung würdig. Heilige hatten seit eh und je abgegrenzte Nischen. Deshalb bestehe ich auch auf einer Wanze. Am liebsten wäre mir ein heiliger Wanzenkranz. Denn wenn du keine Wanze hast, bist du eigentlich gar nicht relevant. Dagegen ist ein Drei-Wanzen-Mann ebenso wichtig wie ein Drei-Sterne-General. Jede Wanze mehr bedeutet einen Karriereschritt. Fünf-Sterne-Hotels haben Zimmer mit fünf Wanzen. Nicht als Heilige, wohl aber in meiner Eigenschaft als Pazifistin muss ich darauf achten, dass ich relevant bin. Denn Pazifisten tragen den Makel der Irrelevanz schon in sich. Ein reiner Pazifist stört nur. Ihn will keiner. Ein Pazifist ist für den Bellisten ein Scheißheiliger, der nur auf die Vernichtung von High-Tech-Arbeitsplätzen hinarbeitet.

Also werde ich meine Relevanz steigern. Meine edle Adressatenliste bereichere ich deshalb heute um die E-Mail-Adresse des weltweit vernetzten Bundesministeriums des Inneren. Meine Schreiben wider die Folter sollen unbedingt wahrgenommen und der Überwachung für würdig befunden werden. Auch mein Recht auf freie Meinungsäußerung soll, bitte sehr, staatlich überwacht werden.

Doch ich behalte mir meinerseits vor, auch die Überwacher zu überwachen. Statt einer vertikalen Überwachungsstruktur bevorzuge ich als Heilige naturgemäß eine Überkreuzstruktur, in der jeder jeden überwacht. Denn der Gedanke, dass nur die, die nichts getan haben, aber vielleicht etwas würden können mögen tun, überwacht werden und in einem circulus vitiosus landen - anders als die, die heimlich Folterspezialisten zuarbeiten, ist keinesfalls befriedigend. Die wachsende Branche der Überwacher könnte dann ganz nebenbei auch die Arbeitslosigkeit deutlich senken.

Wanzenumkränzte heilige Würmer wären übrigens auch vorstellbar. Dazu unter uns in eurer Präventivsprache Wurms, damit das Bundesministerium des Inneren nicht gleich alles verstehen muss:

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im gläsernen Wald? ~~ ~ ~~ ~ ~ ~ ~
http://wider-die-folter.blogspot.com ~~ ~ ~~ ~ ~ ~ ~~ ~ ~~~ ~ ~ ~~ ;;,,,,,,,,,,,,,,,,,, ~~ ~ ~ ~ ~

Ceterum censeo, bellum et tormentum esse interdicenda.

Herzlich grüßt euch

Nongrata

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